WERK-STÄTTEN

Matthias Beckmann · Paula Carralero Bierzynska · Lars Maurmaier

4. März 2023 bis 16. April 2023
Vernissage: Freitag, 3. März 2023, 19.00 Uhr
Ausstellungsende: Sonntag, 16. April 2023, 16.00 Uhr

Midissage: Freitag, 17. März 2023, 19 Uhr
Neuköllner Suppengespräch: Das Atelier – Ein besonderer Ort?
Diskussion und gemeinsames Kochen mit den Künstler:innen.
Moderation: Martin Steffens.

Das Ausstellungsende findet als Finissage mit Künstler:innengespräch statt.

Postkarte WERK-STÄTTEN

Ateliers sind ganz besondere Orte. Außenstehende verbinden mit ihnen oft beinahe mystische Vorstellungen. Es sind Räume der Schöpfung, Kammern der Inspiration, zugleich Lagerraum und Archiv und geben zudem Auskunft über die Menschen, die in ihnen arbeiten. Es ist stets eine Auszeichnung und besondere Situation, Künstler:innen im Atelier aufsuchen zu dürfen. Orte der eigentlichen Kunstpräsentation sind ja Museen, Galerien und Projekträume.

Auch wenn der französische Begriff «atelier» heute oft durch das weltläufiger klingende «Studio» ersetzt wird, bleiben diese doch eigentlich Werkstätten, die jedoch emotional als bedeutsamer angesehen werden als etwa der Arbeitsraum von Handwerker:innen, die Backstube oder die Autoschrauber-Garage. Hier soll – abgeschirmt von der Umwelt – ein Werk entstehen, das neben dem Handwerklichen auch von einem Funken Genie geprägt ist. Hier wird daher gegrübelt, experimentiert, gestaltet, verworfen und von Neuem begonnen.

Die Ausstellung widmet sich den künstlerischen Produktionsstätten in drei Positionen, die diese ganz besonderen Orte reflektieren.

Von 2010 bis 2012 hat Matthias Beckmann in achtundachtzig Berliner Ateliers gezeichnet. Darunter vor allem Arbeitsplätze zeitgenössischer Künstler:innen sowie das ehemalige Studio der Malerin Jeanne Mammen (1890-1976). Für eine Ausstellung in der Pariser Galerie Laurent Mueller hat Beckmann dann 2013 seine Atelier-Serie erweitert: In der französischen Hauptstadt dokumentierte er historische Kunstateliers, die heute als Museen dienen und daher Abeitssituationen rekonstruieren, wie sie etwa im 19. Jahrhundert bestanden. Beckmann versteht seine Berliner und Pariser Atelierzeichnungen im Sinne artifizieller Zeitkapseln, welche etwas über die jeweilige (eigentlich meist abwesende) Künstlerpersönlichkeit transportieren und zugleich Bedingungen und Kontexte künstlerischer Produktion aus unterschiedlichen Epochen ergründen.


Arbeitsplatz ist eine Serie, in der Paula Carralero Bierzynska Menschen aus dem Kunstbetrieb an den Orten ihrer Arbeit porträtiert. Diese gehören unterschiedlichen Generationen an, haben verschiedene Berufe und übernehmen jeweils andere Rollen innerhalb der Berliner Kunstwelt. Doch alle haben einen engen Bezug zu ihrem ganz speziellen Arbeitsraum: Einige arbeiten draußen, andere in ihrer Wohnung, wieder andere mieten sich temporär in einem Atelier ein oder betreiben einen eigenen Projektraum. Entstanden sind seit 2022 ganzfigurige Porträts in detailliert gemalten Raumkontexten. Neben den auf Organza-Seide gemalten Personendarstellungen sind es vor allem diese Raumeindrücke, die so etwas wie den intimen Einblick in die Privatsphäre ermöglichen. In der Zusammenschau ergibt sich ein Überblick zur heterogenen und immer noch sehr lebendigen Kunstszene Berlins.


Die Serie der Wischungen von Lars Maurmaier ist konzeptionell angelegt: Durch das Abreiben von Oberflächen wird etwas von der Aura prominenterKulturorte, so auch Ateliers, auf ein profanes Medium übertragen: den Putzlappen. Durch ihn lässt sich etwas von der «Aufladung» von Orten abnehmen, transportieren und in einem anderen Kontext ausstellen. Mit diesen Wischungen greift Mauermeier auf Methoden
zeitgenössischer Kunst zurück. So hat Joseph Beuys etwa vor jeder seiner Installationen doch stets den Raum ausgefegt, um sich auf den Ort einzustimmen. Mauermeiers Kunstvermittlung ist im Vergleich dazu unmittelbarer und profaner. Zugleich spricht er den gewischten Orten eine fast mythische Bedeutung zu, derer man sich durch die «Kontaktreliquien» nun auch an entfernten Orten versichern kann. Hier blitzt ein
Augenzwinkern durch den Ausstellungsraum.


 

Kuratiert von Rebekka Liebmann